Die „Tücher" der Toreros – capa, capote / muleta

„Der Stier stürzt sich auf das rote Tuch wie ein Stier auf das rote Tuch" (Kurt Tucholsky, Ein Pyrenäenbuch, rororo TB, 1994

Michel Leiris: „Die Capa beschwört die Bestie (ruft sie herbei) und verabschiedet sie (weist sie ab) wie das kultische Opfer die Gottheit beschört und wieder entläßt. Aufgeblähtes Tuch, systematische Entfesselung der Kräfte."

„Der Stier, mit der Capa zwischen den Hörnern, schüttelt das riesige Tuch hin und her, Wolke, deren Kopfputz ein umgekehrter roter Schirm ist."

„Die Capas sind Gewänder, die den Mänaden .... entrissen und in Wein getaucht sind."

„Die Muleta in der Hand ..., die Füße zusammengeschweißt...., das Schwert geschwenkt..., die Fäuste zusammengeballt ..., saugt er sich an die Erde fest, die den Zauberkreis der Ruinen unterzieht."

(Alle Zitate aus: M. Leiris, Spiegel der Tauromachie eingeleitet durch Tauromachien, Matthes & Seitz, 1982)

Die capa oder capote, auch capa/capote de brega genannt, ist ein großer mantel- bzw. capeähnlicher Umhang, schwer und steif und damit windresistent. Auf einer Seite besteht sie aus rosaroter Seide, auf der anderen aus gelbem, in neuerer Zeit auch violettblauem Perkal. Diese Capa benutzt der Matador bei seiner ersten Begegnung mit dem Stier ebenso wie seine Helfer, die Banderilleros. Sie ist ein wichtiges Mittel bei der Täuschung des Stiers, zur Ausführung verschiedener Manöver. Mit der Capa lässt sich der Stier führen, locken und in Gefahrsituationen vom menschlichen Objekt ablenken. Wenn die Capa kunstvoll zum Einsatz kommt – für die unterschiedlichen Arten der ausgeführten Manöver gibt es entsprechende Bezeichnungen, etwa wie beim Tanz – erlebt man sehr eindrucksvolle Bilder. Es gibt Toreros, die für das Agieren mit der Capa eine besonders ausgeprägte Neigung und Begabung haben und damit die Zuschauer in Entzücken versetzen können.

Von der capa bzw. capote de brega zu unterscheiden ist die capa/capote de paseo. Das ist die Parade-Capa, die der Matador beim Einzug in die Arena über seinem Lichterkleid (traje de luz trägt. Diese Capa ist üppig, meistens in leuchtenden Farben, bestickt. Der Torero entledigt sich dieses schmückenden Tuchs, wenn der Paseillo – der Einzug – abgeschlossen ist. Es gilt als Auszeichnung, wenn jemand (am häufigsten vermutlich immer noch eine Frau) diese Capa gereicht bekommt, um sie – wie es üblich ist und die entsprechende Sitzreihe es zulässt – vor sich über das Geländer zu drapieren.

Die muleta dagegen wird eingesetzt für die Arbeit mit dem Stier im letzten Drittel der Corrida. (Hier erst kommt auch der Degen zum Einsatz). Dieses - nun tatsächlich - rote Tuch, viel kleiner als die Capas, ist nur dem Matador vorbehalten. Sie dient der Auseinandersetzung mit dem Stier zum Vorbereiten und Ausführen des Todesstoßes . Die Muleta ist über einen zugespitzen Stock befestigt, mit dessen Hilfe das Tuch schmaler oder breiter gefaltet werden kann, je nachdem welches „Manöver" ausgeführt wird. Der Degen des Matadors dient zur breiteren Entfaltung des roten Tuches, wenn es zur Ausführung bestimmter Manöver der Täuschung (engaño) erforderlich ist.

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